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Interview mit Jaden Quinn

Hey Ihr Lieben,

 

ich dürfte einige Protagonisten aus der McLaine Reihe Interviewen. Das Augenmerk liegt aber auf den Antagonisten Jack Martin oder auch Jack Harper genannt. Ich hatte sehr viel Spaß mit dem Autoren Duo. Hinterlasst doch gerne auch ein Kommentar wenn euch das Interview gefallen hat.


 

Ein letztes Mal überprüfte Jules Montgomery ihr Aussehen in der Spiegelung der Fensterscheibe, wobei sie darauf achtete, dass das Aufnahmegerät, dass sie unter ihrer Kleidung verbarg, auf keinen Fall auffallen konnte. Dieses Interview war riskant und sie hatte eine Menge Gefallen einfordern müssen, um den Termin zu bekommen, doch es könnte ihr endgültiger Durchbruch sein. Denn das, was ihr der Informant hatte zukommen lassen, war brisant. Mehr noch, würde sie die Angaben über das Fehlverhalten von Dr. Owen Martin - immerhin eine leitende Person der Wirtschaft, belegen können, wäre das der Skandal des Jahrzehnts. Eventuell brachte es ihr sogar den Pulitzerpreis für investigativen Journalismus ein. Nicht das Schlechteste, was einem Mädchen aus einem Provinznest in Wyoming passieren könnte. Vor allem wenn sie sich ausmalte, dass sie sich dann künftig des Öfteren in einer solchen Umgebung aufhalten würde.

 

Alles in diesem Konferenzraum des PharmaCorp Hautsitzes troff förmlich vor unauffälligen Eleganz und somit auch vor Reichtum und Macht. Hohe Fenster, die Einrichtung gänzlich in Schwarz und Weiß gehalten, unterlegt von chromfarbenden Akzenten.

 

Autorität strömte auch dem Mann, der nun die Tür öffnete, aus jeder Pore. Obwohl der - vermutlich maßgeschneiderte - Anzug tadellos saß, schienen seine breiten Schultern ihn beinahe zu sprengen. Auch als er lächelte, blieb ein wachsamer Ausdruck in seinen Augen. Nun, das gehörte wohl zur Grundvoraussetzung für seinen Posten als Sicherheitschef einer global agierenden Firma. Möglicherweise lag es auch daran, dass sich Jack Martin eine exzellente Ausbildung genossen hatte, um eines Tages CEO zu werden.

 

Nicht, wenn ich es verhindern kann.

 

Jules lächelte bei diesem Gedanken, obwohl es bei dem, was ihr über Jack zu Ohren gekommen war, keinen Anlass dazu gab. Oder auch nur dazu, sich in seiner Nähe aufhalten zu wollen. Doch Höflichkeit galt alles in den Kreisen, in denen er sich bewegte. Sei sie auch noch so geheuchelt.

 

Während Jack näher kam, stellte Jules überrascht fest, dass er sie lediglich um wenige Zentimeter überragte. Seine Ausstrahlung ließ ihn wesentlich größer wirken. Der Mann hinter Jack hingegen ... Halleluja.

 

Selbstverständlich hatte sie bereits Bilder von Sam McLain gesehen. Doch keines davon hatte sie auf diesen Anblick vorbereiten können. Der Kerl war ein Sahneschnittchen mit Kirsche! Jung, ambitioniert, athletisch. Und Gerüchten zufolge nicht freiwillig in den Diensten von Owen Martin. Nun, das würde sie herausfinden.

 

 

Rasch wischte sich die feuchten Hände an ihrem schwarzen Rock ab, verfluchte sich gleich darauf, denn selbstverständlich war die Geste nicht unbemerkt geblieben. Das Lächeln des PharmaCorp Erben vertiefte sich kaum merklich. Selbstgefälliger Bastard! Er würde schon sehen, was er davon hatte, sie zu unterschätzen.

 

Aber nun musste sie professionell wirken, daher schritt sie forsch auf die Männer zu.

 

 

»Meine Herren, ich bin Jules Montgomery. Mir wurde heute die Darstellung eines neuen Produktes versprochen, damit ich darüber berichten kann. Können sie mir etwas dazu sagen? Damit ich mir ein erstes Bild davon machen kann?«

 

Jack trat vor und reichte ihr die Hand.

 

»Jack Martin«, sagte er, bevor er auf Sam deutete.

»Und Sam McLain, einer unserer größten Unterstützer des neuen Projektes. Doch bevor ich Ihnen mehr darüber erzähle, sollten wir auf meinen Vater warten. Er wird Ihnen ihre Fragen sicherlich ausführlicher beantworten können.«

 

Bevor Jules antworten konnte, wurde die Tür erneut geöffnet und ein hochgewachsener Mann, mit blondem Haar und ebenfalls maßgeschneidertem Anzug betrat den Raum. Selbstbewusst trat er auf die Jules zu und reichte ihr die Hand

 

»Doktor Owen Martin. Schön, dass Sie sich Zeit für uns nehmen.«

 

»Es freut mich Sie kennenzulernen, Dr. Martin. Ihr Sohn sagte mir bereits, dass sie mir einen ersten Einblick in das neue Produkt geben können?«

 

»Das kann ich in der Tat. Besser gesagt, Mr. McLain wird das übernehmen.« Er wies auf Sam, der soeben ein Tablett mit Getränken auf dem Konferenztisch abstellte. Sofort kam er zu ihnen und nickte Jules nach kurzem Zögern freundlich zu.

 

»Sam McLain, Fitnessblogger und Produktberater von PharmaCorp. Entschuldigen Sie die späte Vorstellung.«

 

»Warum setzen wir uns nicht erst einmal«, schaltete Martin sich ein und geleitete Jules zu ihrem Platz.

 

Zuvorkommend rückte er ihr den Stuhl zurecht, wartete, bis sie Platz genommen hatte, bevor er sich ihr gegenüber setzte.

 

Jack stellte sich hinter seinem Vater in Position. Die Beine handbreit auseinander, die Schultern gerade, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.

Hätte Jules auf Typen gestanden, denen das Wort ›gefährlich‹ quasi auf die Stirn gestanzt war, hätte sie jetzt vermutlich ihren Stuhl trocken föhnen müssen. Was für ein Glück für alle – und ihre sündhaft teure Unterwäsche –, dass sie Kerle vom Format ›Vorsicht, bissig, nicht streicheln, nicht füttern‹, eher lästig als anziehend fand.

 

Sam hingegen, der sich neben Martin gesetzt hatte, gehörte er zu der Kategorie, die sie nicht nur sehr gern gefüttert hätte. Vorzugsweise mit Sahne oder irgendeinem anderen Zeug, dass eine gewaltige Sauerei hinterließ, wenn es nicht schnell von ihrem Körper geleckt wurde.

 

Selbst die Art, wie er unter seinen Stuhl griff und einen schmalen Koffer zutage förderte, wirkte geschmeidig.

 

Nichtsdestotrotz blieb Jules konzentriert. Sie hatte kein Problem Arbeit mit Spaß zu verbinden, wenn es sich ergab. Nun aber machte sie sich eine geistige Notiz über die perfekte Vorbereitung, die Dr. Martin offensichtlich organisiert hatte. Denn nun holte Sam eine Dose mit Tabletten aus dem Koffer hervor. Beides stellte er vor Jules auf den Tisch.

 

»Darf ich vorstellen; NervusTin. Das Präparat, das bessere Trainingserfolge verspricht als jedes andere Nahrungsergänzungsmittel. Noch ist es in der finalen Testphase, aber wir haben keine Zweifel daran, dass es bereits nächstes Jahr auf den freien Markt kommen wird.«

Jules griff nach der Dose und betrachtete sie aufmerksam. »Wie funktioniert es? Kann man dies unbedenklich mit anderen Nahrungsmitteln mischen?«

 

»Es ist mit jedem anderen Nahrungsmittel kombinierbar. Bisher gab es nur einen Fall der Unverträglichkeit. Allerdings war die betroffene Person auf die Kapsel selbst allergisch. Seit er es als Pulver einnimmt, hat er keine Beschwerden mehr.«

 

»Es gibt also Testpersonen? Wie viele sind es? «

 

Etwas in Sams Blick änderte sich, aber er lächelte noch immer, als er antwortete. »Aktuell wird das Präparat an einem breiten Spektrum von Produkttestern konsumiert. Ich glaube, es sind ...« Er sah zu Martin hinüber

 

»235«, antwortete der.

 

»Genau ... Über die Funktion kann ihnen der Doktor vermutlich ebenfalls mehr sagen.«

 

Martin nickte bedächtig. Nachdem er seinen Hemdsärmel zurecht gezupft hatte, erklärte er: »NervusTin, greift direkt in den Prozess ein, der dafür sorgt, dass ein Muskel am effektivsten arbeitet. Der Körper wandelt die chemische Energie des Stoffwechsels in mechanische Energie um. Das geschieht durch den Aktin-Myosin-Komplex. Für die perfekte Arbeit dieses Protein-Komplexes sind vor allem Kalzium und Magnesium-Ionen verantwortlich. An diesem Punkt setzt unser Präparat an, denn diese Nährstoffe sind in genau der richtigen Dosierung in NervusTin enthalten. Aber das eigentliche Geheimnis ist ein Molekül, das mein Labor erst nach vier Jahren intensiver Forschung in eine Form bringen konnten, die der Mensch über die Nahrung zu sich nehmen kann.«

 

 

»Es wäre also vollkommen unbedenklich, wenn ich jetzt das Produkt selbst über eine Woche testen würde? Oder setzte die Wirkung dann noch nicht ein?«

 

Auch wenn er es zu verbergen suchte, fiel Jules der flüchtige Blick Sams auf, den der Martin zuwarf.

 

Der Doktor blieb jedoch gelassen. »Theoretisch wäre das möglich. Allerdings darf ich aktuell das Produkt lediglich Personen zur Verfügung stellen, die sich dafür registriert haben und dementsprechend untersuchen ließen. Wir lassen bei diesen Tests größte Vorsicht walten, auch wenn sie in diesem Stadium keine bedenklichen Nebenwirkungen mehr entfalten. Wenn sie allerdings neugierig geworden sind, lass ich ihnen gerne die nötigen Unterlagen zukommen, damit Sie sich registrieren können.«

 

»Naja ich würde das Produkt gerne testen, bevor ich abschließend darüber schreibe. Aber das beantwortet meine Frage nicht. Würde sich überhaupt nach einer Woche der Einnahme bereits eine Wirkung bemerkbar machen?«

 

»Langzeitschäden testen wir im Augenblick noch«, erklärte Martin.

»Allerdings ist Sam seit der ersten Testphase am Menschen mit dabei. Die begann bereits vor über zwei Jahren. Und er ist so gesund, wie ein junger Mann in seinem Alter nur sein kann.«

 

Jules grinste. »Dann kommen sie bitte mal näher, Mr. McLain. Ich will mir das genauer ansetzen.«

 

Wie sie es erwartet hatte, warf Sam Martin einen fragenden Blick zu. Erst als der Doktor wortlos seine Zustimmung gab, erhob sich Sam.

Er kam langsam um den Tisch herum und sah auf die Reporterin hinab. Wie er das Ganze verabscheute. Er hatte gehofft, dass es mit der jungen Frau und ihrem freundlichen Lächeln anders sein würde, als mit den Profit geilen Investoren, vor denen er sonst herumzutanzen hatte. Dennoch stand er wieder hier, um sich begutachten zu lassen, wie ein Tier in einem Zoo.

 

Sie macht nur ihren Job!, hämmerte es hinter seiner Stirn.

 

Auch Jules erhob sich und beugte sich näher an ihn heran. Als ob sie jedes recht der Welt dazu hätte, strich sie ihm über die Wange.

 

 

Er spannte sich. »Entschuldigen Sie«, meinte sie daraufhin. »Ich möchte lediglich die Ebenheit der Haut prüfen. Der Schein könnte schließlich trügen und gerade bei der Gesichtshaut sind viele Frauen eigen. Niemand möchte aussehen wie Godzilla nach drei Tagen in der prallen Sonne. Kam es irgendwann zu Ausschlägen?«

 

Sam schüttelte wortlos den Kopf.

 

»Sonstige Nebenwirkungen? Vielleicht üble Körpergerüche?«, fragte sie und beugte sich weiter vor, um an seinem Hals zu riechen.

 

Sam trat einen Schritt zurück. »Bei allem Respekt, Ms. Montgomery, ich mag eine Testperson sein, aber auch ich habe ein Recht auf höflichen Abstand.«

 

Er konnte regelrecht spüren, wie seine Augen vor Zorn glühten. Das war eine der kleinen Regungen, die er nicht kontrollieren konnte. Jacks Blick verriet ihm, dass er die Rechnung für diese Aktion noch bekommen würde. Er war bereit sie zu bezahlen. Wie üblich.

 

Martin hingegen beugte sich lediglich interessiert vor.

 

Montgomery blinzelte, um dann wieder in einem gewissen Sicherheitsabstand zwischen sie zu bringen.

 

»Ich verstehe ihre Zurückhaltung, Mr. McLain. Doch ich soll über dieses Produkt wahrheitsgemäß berichten. Das kann ich nur, wenn ich dies einer gründlichen Kontrolle unterziehe. Seien sie froh, dass ich von Ihnen nicht erwarte, sich auszuziehen, sodass ich ihren ganzen Körper bis ins kleinste Detail überprüfen kann. Wie Sie also sehen, wahre ich Abstand.«

 

Sam kämpfte um seine Fassung. War diese Frau Teil der ganzen Farce? Hatte Martin sie engagiert, um seine Grenzen auszuloten, oder war sie einfach nur dreister, als selbst er es von einer Reporterin erwartet hatte.

 

»Dr. Martin hat alle Werte, samt Fotos und Diagrammen für Sie bereitgestellt«, presste er hervor. »Das sollte für einen Artikel reichen. Bei allen anderen Fragen, stehe ich gerne zur Verfügung, aber ob und wann ich mich ausziehe, entscheide ich allein!«

 

»Das können Sie auch weiterhin, Mr. McLain. Es sei denn, Sie wollen sich mir unbedingt nackt präsentieren«, erwiderte sie unbeeindruckt und zwinkerte ihm frech zu.

 

Sam blinzelte. DARUM ging es? Er spürte, wie er errötete. Verdammt, er brauchte mehr Schlaf. »Ich ...«

 

Zu seiner Rettung meldete Martin sich zu Wort: »Private Treffen können Sie gerne nach diesem Gespräch vereinbaren.«

 

r. Er hatte nicht wirklich erwartet, etwas bewirkt zu haben.

Sam war nicht ganz sicher ob er amüsiert oder verärgert war. Letzten Endes war es auch egal. Alles was für ihn zählte, war Jacks Blick, der unverwandt auf ihm lag und das Versprechen darin, ihn für jedes noch so kleine Fehlverhalten büßen zu lassen.

 

Wenn sie will, dass du dich ausziehst und Martin es abnickt, wirst du das tun, Prinzessin.

 

Die Worte schossen Sam so deutlich durch den Kopf, als hätte Jack sie ihm ins Ohr geflüstert.

 

Hart biss er die Zähne zusammen. Gern hätte er abgestritten, dass er es tun würde. Wenigstens vor sich selbst. Dich die Zeit, in der er sich noch selbst belogen hatte, war längst vorbei.

 

 

 

»Dr. Martin, ich bitte um Entschuldigung für mein missliches Verhalten. Aber wenn mir ein gut aussehender Mann gegenüber steht kann ich mich als alleinstehende Frau, deren biologische Uhr tickt, manchmal einfach nicht beherrschen.« Sie räusperte sich und war stolz auf ihre dreiste Lüge. Denn es tat ihr kein bisschen leid. »Ich möchte nun gerne über die Werte sprechen. Meines Erachtens stimmen hier einige Eckpunkte nicht überein. Ich habe ein Chemielabor drüber schauen lassen, mit denen ich in engen Kontakt stehe. Sie wiesen mich darauf hin, dass bei einer Testperson geringen Mengen an Substanzen in nachgewiesen wurden, die nicht zu der Inhaltsangabe passen. Was haben sie dazu zu sagen?«

 

Martin hob eine Braue. »Können Sie das Spezifizieren? Die Testwerte meiner Probanden sind ungeschönt und ebenfalls durch zwei unabhängige Labore bestätigt. Ich wüsste gerne, welches Institut sich anmaßt, dies infrage zu stellen.«

 

»Ich habe so meine Quellen«, antwortete Jules ausweichend und lächelte süffisant. »Unter anderem heißt es jedoch bei einer Testperson wären Drogen im Blut nachgewiesen worden.«

 

Ja, okay, das war lediglich ein Schuss ins Blaue, doch ihr war das krampfhafte Verhalten von Sam nicht entgangen und sie zweifelte daran, dass es nur daran lag, dass er Nähe nicht mochte. Also hatte sie ihre eigenen Schlüsse gezogen. Mal sehen, ob an ihrer Vermutung etwas dran war. Denn es sah tatsächlich nicht so aus, als sei Sam freiwillig hier, ganz so, wie ihr Informant behauptet hatte.

 

Doch scheinbar hatte er seine Fassung wiedergefunden, denn er begann zu lächeln.

 

»Drogen? Hören Sie Ms. Montgomery, bei über zweihundert Testpersonen kann es gut sein, dass einer darunter ist, der mit seinem Gras mehr macht, als es zu mähen. Was Sie da sagen, ist absurd und schlecht recherchiert. Ich kenne Mister Martin, seit ich denken kann. Wenn ich etwas weiß, dann, dass es sein Bestreben ist, zum Wohle der Menschen zu handeln. Drogen zu verabreichen fällt da wohl kaum drunter.«

 

Jules grinste in sich hinein. War es nicht süß, wie der kleine Welpe versuchte, seinen Herrchen das Stöckchen zu bringen und mit dem Schwanz zu wedeln? Aber nicht mit ihr! Sie hatte Blut gewittert und wenn sie sich auf eins verlassen konnte, dann auf ihren Instinkt. Der hatte sie bisher noch nie getäuscht.

 

»Ihr Versuch die Umstehenden zu verteidigen in allen Ehren, Mr. McLain. Doch mir liegen Ihre eigenen Werte vor. In Ihrem Blutkreislauf befinden sich nachweisen illegale Substanzen. Also sind sie entweder ein Junkie, oder Dr. Martins Präparat ist gefährlicher, als er zugeben möchte.«

 

Sie wusste, sie hatte sie sich jetzt verdammt weit aus dem Fenster gelehnt, aber sie musste es auf diesen Versuch ankommen lassen.

 

Ein Geständnis, egal wie fragil oder von wem, solange die Aufnahme lief, wäre der Knüller schlechthin.

 

Sam hob jedoch lediglich eine Braue und wirkte amüsiert. Seine plötzliche Souveränität war beinahe einschüchternd.

 

»Was für Substanzen sollen das gewesen sein, Ms. Montgomery? Ich hoffe doch nichts ernst zu nehmendes? Sonst müsste ich mir über Ihren Flirtversuche Sorgen machen. Haben Sie vielleicht einen Hang dazu, sich auf die falschen Männer einzulassen?«

 

»Ist das eine versteckte Bestätigung Ihrerseits?«, fragte sie, wobei sie nacheinander alle Männer aufmerksam ansah.

 

Pokerface hoch drei. Doch dann lachte Martin auf.

 

Jules straffte die Schultern. »Erheitere ich sie, Dr. Martin? Mir ist nicht bewusst, dass ich einen Witz gemacht hätte.«

 

»Sie uns Sam würden wirklich gut zueinander passen«, antwortete er.

 

Bevor Jules nachfragen konnte, wie er das meinte, schaltete sich Sam wieder ein. In seinem Blick lag ein warnendes Funkeln.

 

»Das war keine Bestätigung, Ms. Montgomery. Sehen Sie, ich verstehe, dass dieses Interview eine große Chance für Sie ist. Doch Sie sind nicht die Erste, die versucht PharmaCorp auf der Suche nach einer großen Story eine Falle zu stellen. Aber wir arbeiten sauber. Zeigen Sie mir ihre Quellen, von mir aus begleiten sie mich zu einem Arzt ihrer Wahl und wir klären dieses Missverständnis. Aber riskieren sie nicht ihren Job und ihre Glaubwürdigkeit, indem sie jetzt mit verleumderischen Vermutungen um sich werfen.«

 

»Dann haben sie also kein Problem damit, dass ich ihnen Blut abnehme?«, fragte sie und nahm ein Kit aus ihrer Handtasche, in dem sich alles Notwendige befand.

 

Sie klopfte auf den Stuhl neben sich. »Sind sie mutig genug, um ihre Aussagen zu untermauern?«

 

Sam ließ sich auf den Stuhl neben ihr sinken, krempelte seinen Ärmel hoch und streckte den Arm aus. »Das bin ich.«

 

Jack seufzte innerlich. Sams tatsächliche Werte wurden in dem offiziellen Berichten nicht aufgeführt. Lediglich ihm, seinem Vater und Sams Ärzten waren diese bekannt. Sollte das Ganze hier nicht nur ein riesiger Bluff sein und es tatsächlich eine undichte Stelle in der Firma geben, würde er sich darum kümmern müssen.

 

Zumindest diese Probe würde niemals bei dem Arzt ankommen, der sie untersuchen sollte.

 

»Dann haben Sie auch kein Problem damit, dass ich hier ein Gerät mitgebracht habe, welches ein sofortiges Ergebnis darüber liefern kann, welche Substanzen in Ihrem Blut vorhanden sind?«

 

Martins kaum merkliches Lächeln bewog Jack dazu, Sam unauffällig zu zunicken. Sollte sie etwas finden, würden weder die Probe noch Ms. Jules Montgomery dieses Gebäude je wieder verlassen.

 

Nachdem sie eine Kanüle von Sams Blut abgezapft und in das Gerät gegeben hatte, wartete Montgomery kurze Zeit auf das Ergebnis. »Mhm ...«, sagte sie dann und tat, als würde sich bereits etwas offenbaren. Dabei präsentierte sie ein derart siegessicheres Lächeln, dass es bestenfalls lächerlich wirkte.

 

Auch Martin schien genug zu haben, denn er seufzte kaum hörbar, bevor er sagte: »Ms. Montgomery, bei allem Respekt. Sie beginnen sich lächerlich zu machen. Was zeigt Ihnen Ihr kluges Gerät denn?«

 

Sie legte den Kopf schief.

 

»Wenn sie der Auffassung sind, es befinden sich keinerlei Drogen in seinem Blut, wieso haben sie mich dann noch nicht wegen Unterstellungen von ihren Sicherheitschef heraus komplementieren lassen? Ihr Verhalten erweckt bei mir den Anschein, als wären sie neugierig, ob ich nicht doch etwas finde? Ich weiß also nicht, wieso sie es weiterhin leugnen. Seien sie ehrlich zu sich selbst, Dr. Martin und gestehen sich ein, dass sie unklug handeln.

 

Jack schmunzelte. Sie war so naiv ...

 

»Der einzige Grund, warum ich ihre Dreistigkeit ertrage, ist der, dass ich möchte, dass sie ihren eigenen Fehler erkennen. Sobald ich Ihnen beteuern würde, dass wir unter keinen Umständen die Verwendung irgendwelcher Drogen in unseren Präparaten oder an unseren Versuchspersonen dulden, würden Sie es doch nur als Bestätigung Ihrer abstrusen These interpretieren. Also warum sagen sie mir nicht einfach, was ihr kluges Gerät Ihnen mitgeteilt hat und beenden damit dieses Drama? Ich habe heute noch weitere Termine, die ich nicht wegen einer übermäßig ambitionierten Reporterin absagen möchte.«

 

»Ich habe unregelmäßige Daten bekommen“, räumte sie ein. „Was lediglich meine Annahme stützt, dass Mr. McLain Substanzen zu sich genommen hat, die nicht in der Produktbeschreibung gelistet sind. Da ich nicht glaube, dass Sie, Dr. Martin, einen Drogenabhängigen als Testperson zulassen würden, muss ich annahmen, dass Sie derjenige sind, der Mr. McLain diese Drogen zuführt.«

 

Sam verdrehte die Augen. »Ich bin nicht drogenabhängig. Ihre unregelmäßigen Daten werden daherkommen, dass ihr Gerät weder so gut ist, wie sie es gern hätten, noch dazu geeignet auf die Schnelle aussagekräftige Resultate zu liefern. Es gibt einen Grund warum fachliche Labore mit millionenschweren Gerätschaften ausgestattet sind, die in stundenlangen Analysen Zusammensetzungen ermitteln. Nichts davon kann ihr Gerät leisten. Es war ein netter Versuch, Ms Montgomery, aber nicht mehr.«

 

»Na, na«, warf Martin ein. »Wir wollen nicht unhöflich werden, Sam. Ms. Montgomery, ihr Gerät ist nicht schlecht, aber wie Mr. McLain bereits sagte, kann es nicht leisten, was sie gerne sehen möchten. Ich bin dennoch sicher, Sie überzeugen zu können. Machen Sie mit Mr. McLain einen Termin aus. Er wird sie gerne zu dem Labor ihrer Wahl begleiten, indem Sie verlässliche Analysen erhalten können. Aber bitte haben sie Verständnis, dass ich dieses Gespräch nun beenden muss. Ich habe eine Konferenz in zwanzig Minuten.«

 

Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern ging zur Tür. Auf einen Wink hin folgte Jack ihm.

 

Ein Stück den Flur hinab, nahm sein Vater ihn beiseite.

 

 

»Sorg dafür, dass Sam diesen Termin wahrnimmt, sollte es nötig sein. Und wenn das Luder danach immer noch keine Ruhe gibt, weißt du, was du zu tun hast.«

 

Jack nickte stoisch. Sam zum Termin begleiten, aufpassen, dass der Junge keine Scheiße baute, Zeugin ausschalten. Schade, er mochte sie auf eine gewissen Weise. In etwas so, wie ein Hund ein Spielzeug interessant findet, das quietscht. Es war eine Zeit lang erheiternd, zumindest solange, bis es anfing, einem auf die Nerven zu gehen und zerbissen wurde.

 

»Mach dir keine Sorgen. Sams Konditionierung ist beinahe abgeschlossen. Wenn ich ihm den Befehl gebe, wird er dieses Problem notfalls eigenhändig beseitigen«, erwiderte er.

 

Seltene Anerkennung blitze in den Augen seines Vaters auf. »Du hast gute Arbeit geleistet, Jack. Jetzt sorge dafür, dass der Junge es nicht versaut.«

 

 

 

Jules blieb zusammen mit Sam in Konferenzraum, während Vater und Sohn sich entfernten. Sie wusste, ihr bleib nicht viel Zeit, um an wirklich brauchbare Resultate zu kommen, bevor es wirklich gefährlich wurde.

 

»Sam?« Sie wartete, bis er sie ansah. »Ich darf sie doch so nennen?«

 

Er nickte, immer noch so reserviert wie ein verdammter Stockfisch. »Sagen Sie mir, was hier wirklich gespielt wird. Jetzt, da jetzt die beiden weg sind, müssen Sie nicht mehr deren Speichellecker mimen«.

 

Sein Blick huschte für den Bruchteil einer Sekunde Richtung Zimmerecke. Sie bemerkte es nur, weil sie ihn so genau im Auge behielt und fluchte innerlich. Kameras ... Also doch. Es gab in diesem Gebäude wirklich nichts, zu dem Dr. Martin keinen Zugang hatte.

 

Verdammt!

 

Sie stellte sich vor Sam, in der Hoffnung die Kameras abzudecken, damit bei einer späteren Überprüfung niemand seine Mimik unter die Lupe nehmen konnte.

 

Er sah sie lange an, noch immer schweigend. »Stoppen Sie die Aufnahme«, forderte er sie dann auf.

 

Ihr ertapptes Blinzeln entlockte ihm ein Seufzen. »Wenn Sie verkabelt sind, sollten Sie niemals jemandem so nahe kommen, um seinen Körpergeruch zu beurteilen. Außer sie tragen einen Rollkragenpullover.«

 

»Haben Sie mir etwa in den Ausschnitt geschaut?«, fragte sie erstaunt, stoppte aber mit einem kurzen Tippen an der Hüfte die Aufnahme.

 

»Geben Sie es mir.«

 

»Nein. Holen sie es sich, wenn sie es wollen.«

 

»Damit sie mich wegen sexueller Belästigung dran kriegen? Nein.«

 

»Dann haben sie wohl Pech gehabt. Aber ...«, sie leckte sie über die Lippen, traf einen Schritt näher und strich über seine muskulöse Brust, »... Sie können es sich gerne holen. Von Ihnen würde ich mich gerne betatschen lassen.«

 

Da sie eh über eine digitale Verbindung bereits eine Kopie der Aufnahme in ihrer Cloud geladen hatte, konnte er von ihr aus mit dem Gerät machen, was er wollte.

 

Sam lehnte sich ein Stück vor, eine Strähne ihres Haares bewegte sich leicht unter seinem mühsam kontrollierten Atem. Wie erwartet hielt sie seinem forschenden Blick stand. Es kostete sie allerdings genug Mühe, dass sie nicht merkte, wie er ihr das Aufnahmegerät aus der Tasche zog. Mit einem Ruck sorgte er dafür, dass das Mikrokabel aus der Buchse glitt. Er trat einen Schritt zurück, ließ das Gerät fallen und zertrat es. Dann zog er seinen Geldbeutel aus der Gesäßtasche und drückte ihr zweihundert Dollar in die Hand.

 

»Ich hoffe, das reicht«, sagte er trocken. »Ich gebe ihnen jetzt einen gut gemeinten Rat, Ms. Montgomery. Mehr kann ich nicht für Sie tun. Danach wird es keinen Kommentar mehr von mir geben.« Er beugte sich noch näher zu ihr heran. »Suchen Sie ihre Story woanders. Hier gibt es für Sie nichts zu entdecken.«

 

Ihm klar, es wäre sinnlos, sie zu warnen. Wenn er ihr sagte, sie solle, um ihrer eigenen Sicherheit willen, aufhören, würde sie das erst recht anstacheln. Reporter ...

 

Sie schien endlich zu begreifen, dass er es ernst meinte, denn sie nickte, bevor sie sich abwandte und auf die Tür zuschritt.

 

Sam folgte ihr, in dem Wissen, was sowohl Jack als auch Martin von ihm erwarteten. Er betrachtete es als Lichtblick. Dass Jules nicht weiter bohrte. Nach ihrer bisherigen Beharrlichkeit grenzte das für ihn beinahe an ein Wunder.

 

Obwohl auf dem Flur von Jack und Martin nichts zu sehen war, fragte er: »Stört es sie, wenn ich sie bis zu ihrem Wagen begleite?«

 

»Nein machen sie ruhig«, erwiderte sie, wobei sie sich keine Mühe gab, die Hoffnung zu verbergen, doch noch ein paar freiwillige Infos zu ergattern.

 

Auf dem Weg die Treppe hinunter und durch die gläserne Lobby wuchs Sams Anspannung mit jedem Schritt. Obwohl es absurd war, fürchtete er, dass die lautlose Kugel aus einer Schall gedämpften Waffe jeden Moment Jules Schädel durchschlagen würde.

 

Doch am Empfang herrschte reger Betrieb und keiner der Besucher oder Mitarbeiter nahm Notiz von ihnen. Dennoch wurde er erst ruhiger, als sie endlich auf dem Parkplatz angekommen waren.

 

»Ich hoffe, Sie hatten trotz allem einen angenehmen Aufenthalt bei PharmaCorp. Auch wenn sie nicht die Story bekommen haben, nach der sie gesucht hatten«, sagte er, kurz bevor sie den Wagen der Reporterin erreichten.

 

Der forschende Blick, den sie ihm daraufhin zuwarf, brachte seine Entschlossenheit gehörig ins Wanken. Verdammt!

 

»Sie werden nicht aufhören oder?«

 

»Nein. Auch wenn ich wohl etwas vorsichtiger nachforschen muss. Aber ich weiß, dass ich recht habe. Nennen sie es Instinkt«, sagte sie und hob die Schultern.

 

Sam atmete tief durch. »Glauben Sie mir, sie können nicht vorsichtig genug sein, Jules. Es gibt drei Menschen, die mit aller Macht versuchen werden Sie aufzuhalten. Welcher davon am gefährlichsten ist, kann ich nicht beurteilen.«

 

»Drei Menschen? Wer ist der Dritte neben den beiden Martins?«

 

»Das bin ich.«

 

»Sprechen sie öfter in der dritten Person von sich selbst, Mr. McLain?«, fragte sie und grinste sichtlich amüsiert.

 

Sam lachte nicht, schmunzelte nicht einmal. Ja, er sprach oft in der dritten Person von sich. Mittlerweile dachte er von sich selbst sogar in der dritten Person. Vielleicht war er schlicht und ergreifend dabei sich in diesem ganzen Wahnsinn zu verlieren, zu dem sein Leben geworden war.

 

»Wenn sie weitermachen, wird Martin sie aufhalten«, sagte er tonlos. »Wenn er scheitert, wird Jack sie aufhalten. Und wenn er ebenfalls versagen sollte, werde ich es tun. Ich kann mir nicht leisten, dass PharmaCorp in schlechtem Licht dasteht. Ich hoffe, das war Warnung genug. Leben Sie wohl, Ms Montgomery.«

 

Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und ging davon. Allerdings hörte er, wie Jules in ihren Wagen stieg und kurz darauf los fuhr.

 

Dass Jack aus dem Schatten eines Stützpfeilers trat und auf ihn zu kam, überraschte Sam nicht wirklich.

 

»Gut gemacht. Prinzessin. Diesen Test hast du bestanden. Jetzt wirst du dich an diese Frau hängen. Versorge sie mit falschen Informationen und behalte sie im Auge.«

 

»Nicht nötig. Ich habe eine bessere Idee.«

 

Jack hob eine Braue. »Sie hat eine Katze und einen Freund. Vermutlich hängt sie ebenso an dem Wohlbefinden dieser beiden, wie auch an ihrem Eigenen. Und wie du an dem deines Bruders. Deine Idee sollte also gut sein.«

 

»Ich nehme an, der Konferenzraum wird Videoüberwacht?«

 

»Selbstverständlich. Außerdem gibt es, in einem Konferenzraum von PharmaCorp, keine Verbindung nach außen. Egal ob Funk, WLAN, Bluetooth. Infrarot oder Rauchzeichen.«

 

Sam nickte. Nichts anderes hatte er sich gedacht. »Dann hat Martin eine Videoaufzeichnung, wie sich meine Affäre unter einem Vorwand zu meinem Arbeitsplatz geschlichen hat. Er hat auf Band wie diese Frau versucht, sich mir anzunähern, nachdem ich sie privat abgewiesen habe und wie ich sie abermals abweise. Ich bin sicher, du kannst einige Nachbarn von mir auftreiben, die gesehen haben, wie Ms. Montgomery mehrfach meine Wohnung betreten hat. Sie blieb oft über Nacht, hin und wieder wurde laut gestritten. Und nun versucht sie sich für die Abfuhr zu rächen. Wer wird ihr auch nur ein Wort ihres Artikels glauben, sobald das publik wird?«

 

Jack begann zu lächeln. »Langsam verdienst du dir den Platz in unserer Mitte, Prinzessin. Auch wenn dein Plan undurchführbar ist. Es sei denn, du möchtest deinen Namen unbedingt in der Zeitung sehen und so Blake auf dich aufmerksam machen.« Sam erstarrte. Blake … Wie hatte er seinen Bruder vergessen können? Der monatelange Tanz am Rande des Abgrundes verwischte grenzen, die es nicht geben sollte. Machte Feinde zu Verbündeten, Freunde zu Fremde und Familie zur Bedrohung. Er schloss die Augen. »Lässt du sie leben?« »Das kommt ganz auf sie selbst an. Und auf dich.« Sam nickte nur. Er hatte nicht wirklich erwartet, etwas bewirkt zu haben.

Bildquellen: Pixabay, vom Autor selbst

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